05 - Der Tod auf dem Nil by Agatha Christie

05 - Der Tod auf dem Nil by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie [Christie, Agatha]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-02T18:32:34+00:00


Fünfzehntes Kapitel

Hercule Poirots Beobachtung war nicht falsch gewesen. Auf dem Tisch neben Linnet Doyles Bett lag keine Perlenkette.

Louise Bourget wurde gebeten, Linnets Habe zu durchsuchen. Ihrer Meinung nach war alles komplett. Nur die Perlen waren verschwunden.

Als sie aus der Kabine traten, stand ein Steward vor der Tür und meldete, dass im Rauchsalon Frühstück für sie bereitstehe. Bei ihrem Gang über Deck blieb Race stehen und sah über die Reling.

«Aha! Richtig, Sie hatten eine Idee, mein Freund.»

«Ja. Die war mir plötzlich eingefallen, als Fanthorp erwähnte, er habe einen Platscher gehört. Wäre doch absolut möglich, dass der Mörder nach dem Mord die Pistole über Bord geworfen hat.»

Bedächtig fragte Poirot: «Sie halten das wirklich für möglich, mein Freund?»

Race zuckte die Schultern. «Ist nur so eine Idee. Denn die Pistole war ja nirgends in der Kabine. War das Erste, wonach ich gesucht habe.»

«Trotzdem», sagte Poirot, «ist es unplausibel, dass sie über Bord geworfen worden ist.»

Race fragte: «Wo ist sie dann?»

Poirot antwortete nachdenklich: «Wenn sie nicht in Madame Doyles Kabine ist, gibt es logischerweise nur einen Ort, an dem sie sein könnte.»

«Und wo ist der?»

«In Mademoiselle de Belleforts Kabine.»

Race sagte nachdenklich: «Ja. Ich verstehe –» Er unterbrach sich plötzlich. «Sie ist jetzt nicht in ihrer Kabine. Sollen wir nachsehen?»

Poirot schüttelte den Kopf. «Nein, mein Freund, das wäre voreilig. Womöglich ist die Pistole da noch nicht hingelegt worden.»

«Und wenn wir sofort das ganze Schiff durchsuchen?»

«Dann würden wir unsere Karten aufdecken. Wir müssen mit großer Vorsicht zu Werk gehen. Unsere Lage ist sehr delikat im Augenblick. Lassen Sie uns die Situation beim Frühstück besprechen.»

Race stimmte zu. Sie gingen zum Rauchsalon.

«Tja», sagte Race, während er sich Kaffee in die Tasse goss, «wir haben zwei klare Anhaltspunkte. Da ist einmal die verschwundene Perlenkette. Und da ist der Mann namens Fleetwood. Was die Perlen betrifft, die scheinen auf Raub hinzudeuten, aber – ich weiß nicht, ob Sie mir da zustimmen –»

Poirot fiel ihm fast ins Wort: «Aber der Zeitpunkt war merkwürdig?»

«Genau. Die Kette in einem solchen Augenblick zu stehlen ist praktisch eine Aufforderung zur Durchsuchung von jedermann an Bord. Wie könnte der Dieb da hoffen, mitsamt der Beute rauszukommen?»

«Er hätte an Land gehen und sie da verstecken können.»

«Die Schifffahrtsgesellschaft hat einen ständigen Wachmann am Ufer.»

«Dann ist es unwahrscheinlich. Wurde der Mord vielleicht begangen, um vom Raub abzulenken? Nein, das ergibt keinen Sinn; es wäre auch nicht einleuchtend. Aber wenn Madame Doyle nun aufgewacht wäre und den Dieb auf frischer Tat ertappt hätte?»

«Und der Dieb sie deshalb erschossen hätte? Sie wurde aber im Schlaf erschossen…»

«Also ergibt das auch keinen Sinn… Wissen Sie, ich habe da so eine Idee, was die Perlen angeht – aber die – nein, das ist unmöglich. Denn wenn meine Idee stimmte, wären die Perlen nicht weg. Sagen Sie mir, was halten Sie eigentlich von dem Dienstmädchen?»

«Ich war nicht sicher», sagte Race langsam, «ob sie nicht mehr weiß, als sie gesagt hat.»

«Ah, den Eindruck hatten Sie auch?»

«Jedenfalls kein nettes Mädchen.»

Hercule Poirot nickte. «Ja, trauen würde ich ihr nicht.»

«Sie meinen, die hat etwas mit dem Mord zu tun?»

«Nein, das würde ich so nicht sagen.



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